Thesen gegen die Benachteiligung konfessionsfreier Menschen in Deutschland

„Reformation heißt, die Welt zu hinterfragen“ – Mit diesem Motto wird das 500. Jubiläum der Veröffentlichung von 95 Thesen des Mönchs und Theologieprofessors Martin Luther im Jahr 1517 beworben. Heute gehört rund ein Drittel der Bevölkerung der Bundesrepublik, mehr als 26 Millionen Menschen, keiner Kirche an. Doch wer nicht Mitglied in einer Kirche oder anderen religiösen Glaubensgemeinschaft ist, hat oftmals die schlechteren Karten: auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungssystem, in der Politik, in den Medien und in der öffentlichen Wahrnehmung. Es ist nun Zeit, endlich die volle Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von nichtreligiösen und religiösen Menschen in Deutschland umzusetzen.


Wir fordern:

Keine einseitigen oder privilegiert religiösen Bezüge in Gesetzen und Verordnungen

Keine religiösen Symbole in Amtsräumen

Einrichtung einer fair besetzten Konferenz der Religionen und Weltanschauungen, die die Verteilung der unterschiedlichen Überzeugungen und Bekenntnisse in der Bevölkerung angemessen widerspiegelt

Verwirklichung der weltanschaulichen Pluralität durch Einbeziehung von humanistischen RepräsentantInnen bzw. SprecherInnen bei Staatsakten u.a., alternativ: Verzicht auf jegliche religiöse und weltanschauliche Bezugnahme

Abschluss von Staatsverträgen mit allen relevanten weltanschaulichen Gemeinschaften

Anerkennung und Gleichbehandlung von humanistischen und nichtreligiösen Feiertagen

Begrenzung der Sonderstellung des kirchlichen Arbeitsrechts auf den im engsten Sinne verkündigungsnahen Bereich

Streichung aller darüber hinaus gehenden Sonderregelungen jenseits des legitimen Tendenzschutzes, die zur Diskriminierung von nichtreligiösen Beschäftigten führen

Gewährleistung einer ausreichenden Trägervielfalt durch die Kommunen

Flächendeckende Versorgung mit Kindertagesstätten mit humanistischem pädagogischem Profil

Zulassung und Einführung des Unterrichtsfaches Humanistische Lebenskunde ab Klassenstufe 1 an allen öffentlichen Schulen, analog zu den Religionsunterrichten

Einführung eines integrativen Ethikunterrichts nach dem „Berliner Modell“

Weltanschaulich neutrale bzw. gleichberechtigende Formulierung der Wertebezüge in Verfassungen, Schulgesetzen und Lehrplänen

Pädagogische Verankerung von Grundlagen der Evolutionstheorie bzw. zentraler Erkenntnisse über die Evolution ab der Grundschule

Einrichtung von Lehrstühlen für Geschichte und Theorie des weltanschaulichen Humanismus und Schaffung von universitären Ausbildungsgängen (etwa humanistische Studien) zur Qualifikation von Berufstätigen für die praktische, weltanschaulich geprägte Arbeit

Finanzierung eines humanistischen Begabtenförderwerks durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung

Entfernung aller religiösen Symbole aus den Schulen (ggf. bis auf Religionsunterricht); alternativ: Anbringen aller Symbole der in der Schülerschaft vertretenen Religionen und Weltanschauungen

Umwandlung der staatlichen Bekenntnisschulen in reguläre Gemeinschaftsschulen; alternativ: Umwandlung von christlichen staatlichen Bekenntnisschulen in weltliche Schulen in humanistischer Trägerschaft nach Anteil an der Bevölkerung

Repräsentanz zumindest der öffentlich-rechtlich konstituierten Weltanschauungsgemeinschaften in den Rundfunkräten

Bereitstellung von Sendezeit gemäß der jeweiligen weltanschaulichen Zusammensetzung der Gebührenzahler

Umbau der öffentlich-rechtlichen Kirchenredaktionen zu plural besetzten Redaktionen für Religionen und Weltanschauungen

Verlässliche Gewährleistung des erforderlichen Leistungsumfangs in allen Kliniken ohne religiös motivierte Einschränkungen – alternativ: deutliche Verringerung von Kliniken in christlicher Trägerschaft

Gleichberechtigte Einbeziehung humanistischer BeraterInnen in der Krankenhausseelsorge und bei Ethikkonzilen

Refinanzierung der humanistischen Krankenhausseelsorge analog zur kirchlichen Krankenhausseelsorge

Einstellung von 50 bis 100 Humanistischen BeraterInnen bei der Bundeswehr

Weltanschauliche Öffnung des Lebenskundlichen Unterrichts der Bundeswehr, auch beim Lehrpersonal

Beschränkung der öffentlichen Bezuschussung von Kirchentagen auf ein angemessenes und nachvollziehbares Maß, das sich am kulturellen und touristischen Beitrag der Ereignisse orientiert

Abschaffung des staatlichen Kirchensteuereinzugs

Überarbeitung des Geflechts der finanziellen Zuweisungen staatlicherseits an die Kirchen-, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften auf Grundlage des vom Grundgesetz vorgesehenen Prinzips einer weltanschaulichen Neutralität und kooperativen Laizität

Ablösung der sogenannten historischen Staatsleistungen durch eine Erneuerung der gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen, welche die finanziellen Verhältnisse zwischen Staat und den in ihm befindlichen Religionsgemeinschaften regeln, sodass die finanziellen Leistungen des Staates an die Kirchen transparent werden

Umwandlung aller „Konkordatslehrstühle“ in reguläre Lehrstühle durch Aufhebung der entsprechenden Regelungen

Sonderstellung der sogenannten stillen Feiertage beenden

§ 166 StGB („Blasphemie“-Paragraph) streichen

Mach die Forderungen bekannt!

– Unterstütze die Forderungen zum Reformationsjubiläum –

Teilnehmen: Projekt B>P

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